Holger Herrmann
im Künstlerhaus der Galerie Timm Gierig, Frankfurt am Main
17. August – 22. September 1984


Gerhard König in Prisma, Hörfunk aktuell, 2. Programm Hessischer Rundfunk, 31. 8. 1984

Holger Herrmann wird eigentlich erst seit knapp zwei Jahren das zuteil, was man als wachsenden
Bekanntheitsgrad bezeichnen kann. Zumindest im Frankfurter Raum. 1983 wurde er in einem Buch über die Frankfurter Kultur vorgestellt, 1984 trug er eine Jahresgabe zum Neujahrsangebot des Frankfurter Kunstvereins bei, war im selben Jahr auf der Ausstellung „Neue Kunst in Frankfurt“ vertreten - ebenfalls im Kunstverein, und hatte heuer auch seine erste Einzelausstellung im Studio der Kunsthalle Darmstadt, zu der auch ein kleiner Katalog erschien. Nun erhielt er die Gelegenheit, in den Räumen des ‚Künstlerhauses’ des Frankfurter Galeristen Timm Gierig eine Schau mit meist jüngeren Arbeiten zu installieren, in der er, ganz auf sich zurückbesonnen, auf seine derzeitige – nicht krisenfreie – Schaffensphase in einem größeren Rahmen aufmerksam machen konnte.

So liegen etwa 20 Jahre – nachdem er sich 1965 in Frankfurt niederließ – der stillen Zurückhaltung, der in sich gekehrten Künstlerdämmerung hinter ihm, die der introvertierte Maler bewusst auf sich genommen hat, um – entgegen modischen Strömungen – einen integren Weg zwischen dem Kampf um eigene inhaltliche Identität und dem behutsamen Herausgehen in den Marktbetrieb zu finden.

Timm Gierig, der sich mit Künstlern nur dann einlässt, wenn neben künstlerischer Hochachtung
auch menschliche Drähte zu vibrieren beginnen, hat zu einem geeigneten Zeitpunkt diesen stillen
Kampf um die persönliche Kunstsprache eines Malers in die Öffentlichkeit gebracht, bei dem das
Originäre der Schaffensphase noch einen Hauch von Authentizität besitzt.

Nach einigen anfänglichen abstrakten Experimenten malte Holger Herrmann seitdem fast nur noch realistisch – und zwar in Öl, ganz klassisch, ganz mittelalterlich mit Lasur-Technik -, nahezu verblasste Porträts, die wie ein vernebeltes Spiegelbild im dunklen Wasser eine merkwürdige Aura um sich verbreiten, aus der heraus sie den erstickten Appell an den Betrachter richten: hier bin Ich,
eine Gestalt, ein Mensch, auch wenn ich mich zu verflüchtigen beginne.